Eine Werkstatt für die Kleinen
Quelle: Kindertagesstätte Zwergenland Link: http://www.technikmacher.com/praxis/praxisbeispiele_kita_zwergenland.html
"Hämmern, bohren, sägen, feilen ... das macht schon unseren
Kleinsten riesigen Spaß! Aber – ist es sinnvoll, bereits Kinder
zwischen 4 und 6 Jahren langsam an den Umgang mit Werkzeugen
heranzuführen? Nach zwei Jahren erfolgreicher Arbeit in unserer
kleinen Werkstatt können wir sagen: Ja, natürlich! Vorausgesetzt,
man beachtet dabei einige zentrale Punkte, denn natürlich sind die
anfänglichen Bedenken von Erziehungspersonal und Eltern
verständlich: Mit welchen Sägen und Hämmern können die Kleinen
arbeiten, ohne dass die Verletzungsgefahr zu groß ist? Sollten am
besten nur große Nägel angeschafft werden, die gut zu treffen sind?
Aber kleine, leichte Hämmer und große Nägel – ist damit ein
vernünftiges Arbeiten möglich?
Trotz aller Bedenken bin ich froh darüber, dass wir diese Werkstatt
eingerichtet haben, denn den Kindern werden viel mehr
Bildungsmöglichkeiten zuteil, als uns anfänglich bewusst gewesen
sind. Das Arbeiten mit den Werkzeugen ist eine
Erfahrung für alle Sinne, denn die Kinder lernen zum
Beispiel: Holz hat einen ganz besonderen Geruch. Jedes Werkzeug
macht ein anderes Geräusch. Metall, Plastik, Holz – jedes Material
fühlt sich unterschiedlich an. Und darüber hinaus werden
Feinmotorik und räumliches Denken trainiert, die Fähigkeit zur
Teamfähigkeit gefördert, Kreativität und Fantasie angeregt, die
Konzentration gesteigert u.v.m. Besonders beeindruckend ist
für die Kinder auch, dass sie in die Welt der Erwachsenen eintauchen
können.
Bilder unserer kleinen Werkstatt
Nach dieser kurzen Einführung möchte ich Ihnen nun ein bisschen
berichten, wie unsere kleine Werkstatt ausgestattet ist und welche
Regeln für die Arbeit dort gelten: Neben zwei kindgerechten
Werkbänken haben wir Sägen, Hämmer, Feilen, Sandpapier und Nägel in
unterschiedlichen Größen und Stärken angeschafft. Eben alles, was
für die Arbeit nötig ist. Damit die Abläufe in der Werkstatt
reibungslos funktionieren, haben wir nicht nur zwei Kinder
beauftragt, die Ordnung zu kontrollieren, sondern auch einige
einfache, aber zentrale Regeln aufgestellt, die als Bild für alle
Kinder sichtbar im Raum hängen. Erstens: Aus Platzgründen dürfen nur
maximal vier Kinder die Werkstatt gleichzeitig nutzen. Zweitens: Mit
den Werkzeugen muss sorgsam umgegangen werden und sie dürfen nur für
die vorgesehenen Arbeiten verwendet werden. Drittens: Nach
Beendigung der Arbeit muss der Arbeitsplatz wieder aufgeräumt
werden.
Die Zusammenarbeit mit den Kindern verläuft in zwei Schritten:
Zunächst absolvieren die Kinder, die neu in die Gruppe kommen,
als Einführung einige Übungen mit Hammer und Nägeln an einem
großen Dachbalken. So werden sie mit der
Materialbeschaffenheit vertraut und lernen, wie sie den Hammer
richtig halten und die Nägel einschlagen müssen, ohne dass sie krumm
werden und ohne sich dabei auf die Finger zu hauen. In einem
zweiten Schritt erfüllen sie eine konkrete Aufgabe, nämlich aus
einem Vierkantholz einen Würfel zu bauen. Dafür müssen sie
mit dem Zollstock messen, mit einem Winkel anzeichnen und ein
entsprechendes Stück absägen. Dabei erkläre ich die Handführung der
Säge und überwache auch diese Arbeit. Anschließend müssen noch die
Sägekanten mit der Feile geglättet und zuletzt mit dem Handbohrer
Würfelaugen eingebohrt werden. Natürlich erkläre und demonstriere
ich auch, wie sie mit diesen Werkzeugen umgehen müssen. Welche Feile
sie für welche Fläche genau benötigen, müssen die Kinder allerdings
selbst herausfinden. Nachdem sie diese Aufgabe erfolgreich erfüllt
haben, sind sie mit den wichtigsten Arbeitsschritten und der
Handhabung der Werkzeuge vertraut.
Mittlerweile hat es sich so eingebürgert, dass die Kinder allein in
der Werkstatt arbeiten und sehr individuelle Dinge bauen wie
Piratenschiffe, Puppenmöbel und vieles mehr. Eines der älteren
Kinder wird zum Chef bestimmt und überwacht die Arbeit der anderen.
So werfe ich nur ab und zu einen prüfenden Blick hinein. Das ist
aber auch gut so, denn jedes Mal, wenn ich in die Werkstatt schaue,
ertappe ich mich dabei, in alles "hineinzureden" und gute Ratschläge
zu erteilen. Hält ein Kind den Nagel beim Reinschlagen nicht gerade,
zeige ich, wie es geht. Aber was würde ohne mein Zutun passieren?
Der Nagel würde krumm, doch das Kind würde sich selbst Gedanken
machen: Was habe ich falsch gemacht? Und wie kann ich meine Arbeit
retten?
Liebe Erzieherinnen und Erzieher, nun habe ich Ihnen einen
kleinen Einblick in unsere Werkstatt verschafft. Vielleicht hat
Ihnen mein Bericht etwas Lust darauf gemacht, in Ihrer Einrichtung
auch eine Werkstatt für Ihre kleinen Schützlinge einzurichten. Es
lohnt sich!